Die traditionelle thailändische Medizin (TTM) hat sich im Laufe der Jahrhunderte zu einem ganzheitlichen Gesundheitssystem entwickelt, das fünf verschiedene Ansätze umfasst: Innere Medizin, äußere Medizin, spirituelle Medizin, Wahrsagerei und Buddhismus.
Dieser natürliche und umfassende Ansatz für die Gesundheitsversorgung spiegelt die Entwicklung der westlichen Medizin wieder
Die Innere Medizin in TTM beinhaltet die Verwendung von Kräutern und Diätetik, eine Praxis, die vor der Umstellung der westlichen Medizin auf eine wissenschaftliche Grundlage erfolgte. Auch heute sind diese Behandlungen bei Naturheilkundlern und alternativen Therapeuten weit verbreitet.
Die Äußere Medizin umfasst Manipulation, Schröpfen, Massage und die äußerliche Anwendung von Kräutern. Diese einst im Westen beliebte Therapieform wird heute hauptsächlich von Physiotherapeuten und Chiropraktikern praktiziert.
Die spirituelle Medizin umfasst die Verwendung von Amuletten und Sak-Yan-Tätowierungen, von denen man glaubt, dass sie spirituellen Schutz bieten und bei der Heilung helfen. Ähnlich wie die im Westen verwendeten Amulette sollen diese Gegenstände böse Geister abwehren. Die Sak Yan-Tätowierungen, die man in Thailand häufig bei Barmädchen sieht, sind personalisierte Designs, die auf dem Geburtsdatum und der Geburtszeit der Person basieren und Glück und Gesundheit bringen sollen.
Die Wahrsagerei, bei der mit übernatürlichen Mitteln nach Wissen über die Zukunft oder das Unbekannte gesucht wird, findet ihre Parallele im Westen in Form der Meditation
Der Buddhismus schließlich gilt als der Zweig der geistigen Gesundheit der TTM. Er vertritt die Philosophie, dass ein gesundes Leben auf der Aufrechterhaltung eines perfekten Gleichgewichts und der Harmonie zwischen den vier Elementen des Lebens beruht: Erde, Wasser, Wind und Feuer. Es wird angenommen, dass Krankheit auftritt, wenn dieses Gleichgewicht gestört ist. Diese Philosophie findet jedoch keine Unterstützung in der westlichen Wissenschaft, die empirischen Beweisen Vorrang vor Theorie und Logik einräumt.
Die westliche Medizin tauchte in Siam, dem heutigen Thailand, erstmals 1686 auf. Das erste von der Regierung finanzierte thailändische Krankenhaus, das Siriraj-Krankenhaus, wurde 1887 gebaut, gefolgt vom König (Rama V.) Chulalongkorn Memorial Hospital im Jahr 1914. Die Chulalongkorn-Universität mit ihrer medizinischen Fakultät wurde 1916 gegründet. Die TTM wurde jedoch 1915 aus dem thailändischen Lehrplan für Medizin gestrichen.
Trotz des Wachstums der westlichen Medizin in Thailand werden die Leistungen der in Thailand ausgebildeten Ärzte aus zwei Gründen als minderwertig angesehen. Erstens gilt ihre medizinische Ausbildung nach westlichen Maßstäben als unzureichend. Thailändischen Ärzten fehlt oft eine umfassende Ausbildung, um eine vollständige Anamnese zu erheben und eine angemessene körperliche Untersuchung durchzuführen.
Zweitens gibt es eine kulturelle Voreingenommenheit, die in der konfuzianischen Ideologie (Ruismus), einem wichtigen Bestandteil der thailändischen Tradition, wurzelt. Das Konzept des Gesichts im Konfuzianismus fordert den Einzelnen auf, seine Individualität aufzugeben und sich auf seine gesellschaftlichen Pflichten zu konzentrieren.
Nach dieser Philosophie wird das Glück nicht wie im Westen durch persönlichen Erfolg oder materielle Freuden erreicht, sondern dadurch, dass man mit sich selbst, seiner Familie und seiner Gemeinschaft im Reinen ist. Das Konzept des Gesichts gilt als anti-intellektuell und kann schwerwiegende Folgen haben